Er ist Erzbischof geworden: Dr. Robert Zollitsch

Erzbischof Dr. Robert Zollitsch Foto: Kupferschmidt

Erzbischof Dr. Robert Zollitsch segnete im Jahr 2011, 67 Jahre nach den Massenmorden an 212 Filipowaer Männern, das Gedenkkreuz im heutigen Serbien. Sein Bruder war einer der ­Ermordeten. Er selbst, damals erst sechs Jahre alt, erinnert sich an die E­r­­­eignisse, hat noch die Schüsse im Ohr, als sie aus dem Dorf getri­­e­ben wurden.

Als kirchlicher Würdenträger, der wie die Armen Schulschwestern aus dem donauschwäbischen Filipowa stammte, war er mit ihnen und Bad Niedernau eng verbunden. Mehrmals feierte er bei der jährlichen Gelöbniswallfahrt der Donauschwaben die Heilige Messe in Bad Niedernau.

Erzbischof Robert Zollitsch. Foto: Pagi

Die Ermordung seines Bruders auf der Heuwiese hat sein Leben geprägt, im Jahr darauf waren alle Deutschen in der jugoslawischen Batschka entrechtet, enteignet und in Internierungslager gesteckt worden. Er, die Großmutter und drei Cousinen auch. Seine Mutter war zur Zwangsarbeit abgeholt, der Vater und ein weiterer Bruder wurden zum Militär einberufen.

In einem Interview sagte er: „In den furchtbaren Erfahrungen meiner Kindheit, in dem, was Menschen in den Konzentrationslagern erlitten haben, … wird deutlich, was der Mensch mit dem Menschen machen kann, wenn Gott nicht ‚dazwischen‘ ist.“ So versteht er es auch noch bis heute als seine Aufgabe, durch Erinnerung zu verhindern, dass sich solche schrecklichen und menschenverachtenden Taten wiederholen. „Durch die Erinnerung und das Andenken an die Opfer erweisen wir ihnen Ehre und Wertschätzung“.


Nach einem Jahr im ‚Todeslager‘ gelang die Flucht über Ungarn nach Deutschland. Ein Dutzend Menschen waren heimlich aus dem Lager geschlichen, darunter auch seine Mutter. Sie war inzwischen von der Zwangsarbeit ins Lager gekommen. „Die resolute Großmutter war dabei die treibende Kraft, sonst hätten leicht auch sie zu den über 8.000 Toten dieses Lagers gehören können. Der Satz, mit dem sie ihre unerschrockene Handlungsweise begründete, wurde ihrem Enkel zur lebensleitenden Maxime: „Wer sich treiben lässt, statt aktiv zu werden, den erwischt es als ersten.“


Robert Zollitsch machte Abitur und studierte Theologie. 1965 ist er in Freiburg zum Priester geweiht worden. 1974 folgte die Promotion zu einem kirchengeschichtlichen Thema. 2003 empfing er die Bischofsweihe und trat sein Amt als Erzbischof von Freiburg an.

Noch heute steht er fest zu seiner Herkunft, mehr noch, er sieht im Bewahren der Erinnerung und in der aktiven Geschichtsarbeit Chancen für die Zunkunft. Wer das Leid der Deutschen aus Jugoslawien verdrängt, macht sie „ein weiteres Mal zu Opfern, zu Opfern des Vergessens„. So Robert Zollitsch bei seiner Ansprache zum 60. Jahrestag der AVNOJ-Beschlüsse. Die Vertriebenen rief er gleichsam zum Dialog und zur Aussöhnung auf, sie sind durch ihre Geschichte die berufenen Vermittler zwischen Ost und West. Robert Zollitsch ist überzeugt, dass mit der Aufarbeitung der Geschichte, und mit christlicher Versöhnungsbereitschaft, die Welt verändert werden kann. „Unsere Geschichte im Osten war nicht umsonst. Sie wird zur Hoffnung. Wir dürfen sie einbringen in ein größeres, neues Europa.“

-> Erzbischof Zollitsch – Der Mann hinter dem Amt

-> Hier finden Sie eine ausführliche Biografie zu Erzbischof Dr. Robert Zollitsch von Stefan Teppert

-> Lesen Sie seine Predigten

-> Mehr zur Vertreibung der Filipowaer

-> Zur Geschichte seines Geburtsortes Filipowa

-> Zum Massaker auf der Heuwiese

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