Er hat die Wallfahrten nach Bad Niedernau organisiert – Josef Pertschi


Josef Pertschi (1923 – 2005)

Josef Pertschi hörte es gerne, wenn er von seinen Freunden „Lippl-Sepp“ genannt wurde, nach dem Hausnamen des Elternhauses in Filipowa in der jugoslawischen Batschka. Über Jahre hinweg engagierte er sich bei der Vorbereitung der jährlichen Wallfahrt der Donauschwaben zu Christi Himmelfahrt nach Bad Niedernau. Er organisierte das Essen, die Tische und vieles mehr. Auch war er für die Donauschwäbische Kulturstiftung aktiv, Mitautor der Dokumentationsbände „Leidensweg der Deutschen in Jugoslawien“. Und, typisch Filipowaer: Ein eigenes Haus zu besitzen, war ihm ganz wichtig. So gelang die Integration in der neuen Heimat nach Flucht und Vertreibung schnell: Bereits 1952 wurde mit dem Hausbau in Winnenden begonnen. Doch die zehn Jahre zuvor hatte er Schlimmes durchgemacht.

1954 konnte in Winnenden-Leutenbach eingezogen werden, 1958 war dann schließlich alles fertig.

Nach der Volksschule in Filipowa ging es in die Bürgerschule in das 60 km entfernte Esseg (Osijek). Er sollte den großen landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern einmal übernehmen und begann auch direkt nach der Schule dort zu arbeiten.

Doch wurde er von dort aus zum ungarischen Militär einberufen. In Dänemark kam in englische Kriegsgefangenschaft und wurde zurück nach Jugoslawien gebracht, wo inzwischen die meisten Deutschstämmigen in Internierungslagern saßen, so auch seine Mutter – im sogenannten Todeslager Gakowa. Sein Elternhaus und die elterliche Landwirtschaft waren enteignet und von serbischen Siedlern bewohnt, der Vater war ermordet worden. Er kam sofort für ein Jahr in ein Kriegsgefangenenlager und 1946 in ein das Arbeitslager Hodschag, von wo er später mit Mutter und Verwandten fliehen konnte.

Die Flucht ging über Ungarn und Österreich nach Württemberg. In Winnenden konnten sie wieder Fuß fassen. Zentral war es für ihn und seine Familie, nachdem klar war, dass sie nie wieder zurück kehren konnten, sich schnellstmöglich ein neues Leben aufzubauen. Für einen waschechten Filipowaer hieß das: ein eigenes Haus musste gebaut werden. Das gab den Rückhalt für weitere geschäftliche Unternehmungen: er gründete eine Spedition.

Familie Pertschi vor ihrem Haus

Aber darüber hinaus war er sogleich engagiert, sich um die Leidensgenossen zu kümmern. Er gründete die „Ortsgemeinschaft Filipowa – Winnenden-Leutenbach“ und blieb zeitlebens derer Vorsitzender. Es fanden in Leutenbach Kulturveranstaltungen statt, Vorträge, auch Großtreffen der Filipowaer. Er sammelte Spenden für das Haus der Donauschwaben in Sindelfingen und wirkte aktiv bei der Donauschwäbischen Kulturstiftung mit.

Als Mitautor der Dokumentationsbände „Leidensweg der Donauschwaben“ half er mit, die verübten Verbrechen jener Jahre im Jugoslawien nach dem Zweiten Weltkrieg zu dokumentieren. Und er war derjenige, der jahrelang die Bände vertrieben und versendet hat.

–> Die Eingliederungsbedingungen

–> Lesen Sie mehr zum Hausbau als Integrationsmoment! Die Donauschwaben-Siedlung in München-Trudering

–>  Zur Integration der Filipowaer in Deutschland und Österreich

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