Die Klosteranlage der Armen Schulschwestern in Filipowa

Das Klostergebäude in Filipowa/Szent-Fülöp in der Batschka, heute Serbien auf einer Ansichtskarte aus den 1910er Jahren.

Um die Jahrhundertwende gab es in Filipowa vier Schulräume und 540 schulpflichtige Kinder. Die Schulraumnot war beängstigend. Das Komitat (so hießen die ungarischen Verwaltungsprovinzen) verlangte in einem Erlass von 1902 die Errichtung von neuen Räumlichkeiten für die Schule.
Pfarrer Josef Martin unterbreitet 1902 der Gemeindeleitung den Vorschlag, ein Kloster samt Schule zu bauen. Berufen werden sollten die Armen Schulschwestern Unserer Lieben Frau.


Die Ordensleitung stimmte zu, die Idee, ein Kloster mit einer Schule zu erbauen, fand aber in Filipowa keine einhellige Zustimmung. Doch gelang es, den damaligen Richter (Bürgermeister) Franz Lepol und den Gemeinderat davon zu überzeugen, dass allein schon vom wirtschaftlichen Standpunkt aus die Klosterschule die beste Lösung sei. Die Gemeinde ersparte sich dabei die Errichtung von mehreren Lehrerwohnungen. Die Delegation der Ortsgemeinde fand beim Erzbischof von Kalotscha, Georg Csaszka, Verständnis für ihr Anliegen, war doch auch sein Sekretär Peter Zundl ein Filipowaer. 1903 überwies er in zwei Raten 20.000 Kronen für den Bau der Klosteranlage.


Im April 1903 war der Bauplan erstellt, Karl Bernhard, Baumeister aus Sombor, übernahm den Baufür einen Preis von 64.995 Kronen. Die Arbeiten wurden von vereinigten Filipowaer Maurergemeinschaften durchgeführt. Ende Juli 1904 war das Kloster fertig und wurde der Gemeinde übergeben. Nach der Fertigstellung des Klostergebäudes wurde mit der Einrichtung begonnen, die durch Spenden und durch die Gemeindekasse finanziert wurde. Bis August 1905 war das ganze Kloster eingerichtet.


Das Klostergebäude ist ganz unterkellert, hat ein Erdgeschoss und ein Stockwerk. Das Gebäude umfasst acht grosse Klassenräume, einen Bewahrungsraum (d.h. Kindergarten), eine Kapelle und eine Wohnung für acht Schwestern. Im Hof wurde ein Wirtschaftsgebäude mit Waschküche, Bügelzimmer, Stall, Schuppen und Räume für Brennmaterial errichtet. Das Kloster in Filipowa war die Zierde der Gemeinde. Durch seine schlichte Barockfasade mit dem Retabelaufbauauf den Dachecken beherrschte es die Kreuzung Klostergasse – Mittlere Kreuzgasse.


Am 31. August 1905 zogen die Schulschwestern in Filipowa ein. Damals gab es noch keinen Bahnanschluß in Filipowa. So fuhr man mit 30 Pferdewagen an die Bahnstation Hodschag, um die Schwestern abzuholen. Die fünf Schwestern und eine Kandidatin wurde jede auf einen Wagen gesetzt und in feierlicher Fahrt nach Filipowa geleitet. In Filipowa wurden die Schwestern von 100 weiss gekleideten Mädchen, dem Gemeinderichter (Bürgermeister), den Behörden und der Ortsbevölkerung feierlich empfangen.

Lehrkörper der Filipowaer Volksschule Mitte der 1930er Jahre: v.l.n.r. Sr. Manuela Mathias Rosanowitsch und Josef V. Senz. Foto: Archiv des Freundeskreises der Filipowaer


DieSchwestern stellten das Lehrpersonal für Mädchen der Volksschule. Später haben die Schwestern auch Bubenklassen übernommen. Die geistliche Ausstrahlung, die vom Kloster ausging, war so stark, dass in den 40 Jahren seines Bestandes in Filipowa mehr als 80 Mädchen in den Orden der Armen Schulschwestern eintraten, das ist mehr als die Hälfte der insgesamt 133 aus Filipowa stammenden geistlichen Schwestern.
Quelle: P. Mesli/ F. Schreiber/ G. Wildmann, Filipowaa -Bild einer Donauschw. Gemeinde, Bd 5, Wien 1981, S. 105-125 sowie Filipowaer Heimatbrief Nr 25 (1969 38 ff.)

Die Schwestern förderten schon vor dem 1. Weltkrieg religiös orientierte Vereinigungen. Nach dem 1. Weltkrieg gründete Kaplan Josef Negele mit den Schwestern die Marianische Kongregation. Die Schwestern übernahmen nicht nur deren Führung, sondern auch die religiöse Jugendarbeit für Mädchen. Jahre hindurch war jeden Sonntagnachmittag von 14 bis 17 Uhr die Zusammenkunft von 60 bis 70 erwachsenen Mädchen in den Schulräumen mit Vorträgen vom Kaplan oder den Schwestern sowie Spielen, Gesang und Tanz. Zum Bildungsprogramm der Jugend gehörte auch die sprachliche Schulung und der Gesang. Um das zu erreichen wurde viel Theater gespielt, besonders in Zeiten von Weihnacht und Fasching.
Als am 31 März 1945 die Filipowaer aus ihren Häusern getrieben wurden, waren neun Schwestern in Filipowa stationiert. Sie wurden nicht vertrieben. Sie bedrängtenden Verwalter Sekic und Ordnungskommandant Lasic so lange, bis sie die Zusage bekamen , sie könnten die Häuser des Ortes – immerhin gab es deren 800 – nach Kranken durchsuchen. Sie fanden zwischen 50 bis 60 hilflose Menschen, auch Tote. Ein Notspital wurde im Kloster eingerichtet. Man „organisierte“ Betten und Bettzeug. Dabei wurden die Schwestern von Arbeitskommandos, die die kommunistische Ortsleitung für die „Ausräumungsarbeiten“ aufgestellt hatte, heimlich unterstützt. Es gelang, Nahrungsmittel in das Notspital zu schmuggeln. Für mehr als 70 Personen wurde gekocht. Das Kloster war für zwei Monate Krankenhaus , Altersheim und Gebärklinik. Am 4. Juni 1945 wurde das Notspital von den neuen Machthabern plötzlich aufgelöst und die Kranken in das Todeslager Gakowa überführt.


Schon ab Herbst 1945 wurde das Kloster zur Schule der Kolonisten umfunktioniert, und die letzten Schwestern mußten das Kloster 1948 verlassen. Sie fanden im Pfarrhaus ein Unterkommen. 40 Jahre, hatten sie ihre Lehrtätigkeit ausgeübt. Die weitern 3 Jahre bis zur Auflösung der Lager waren sie Caritasschwestern. Sie bettelten Lebensmittel und Medikamente und schmuggelten sie ins Todeslager Gakowa.


Der Klosterbau fungiert bis heute als Schule. Er ist das einzige Bauwerk, das die Erlebnisgeneration an das ehemalige architektonische Zentrum des Ortes erinnert.

Quelle: Festschrift 60 Jahre Vertreibung – 100 Jahre Klosterschule; Chieming 2005 /Redaktion Gedenkschrift: Dr. Georg Wildmann

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