Projektleiter und Brückenbauerin – Adam & Agnes Kupferschmidt

 

Adam Kupferschmidt
Diplom-Ingenieur (FH)
Vorsitzender der überregionalen Arbeitsgemeinschaft der Filipowaer (ARGE)
Vorsitzender des Freundeskreises der Filipowaer in Deutschland e.V. (FFD e.V.)
Projektleiter des Stelenparks Bad Niedernau und anderer Gedenkorte
•7. März 1937 Filipowa

Nur acht Jahre durfte Adam Kupferschmidt in seinem Geburtsort leben, bis er am Ostermontag 1945 mit seiner Mutter und seinen beiden Schwestern sowie einer großen Zahl seiner Landsleute in das Todeslager Gakowa deportiert wurde. Doch seine Heimat, die er als Kind erlebt hatte, hat sich tief in seine Seele und in seine Erinnerung eingegraben. Dies ist eine der Kraftquellen, die ihn dazu bewog, sich vor allem in den Jahren seines Ruhestandes mit unermüdlichem Engagement für seine Landsleute und die Erinnerung an die verlorene Heimat und ihre Geschichte einzusetzen.


Adam Kupferschmidt wurde am 7. März 1937 als ältester Sohn des Josef Kupferschmidt und seiner Ehefrau Katharina, geb. Hoog, in Filipowa im ehemaligen Jugoslawien geboren. Der Vater war Bauer und betrieb eine Landwirtschaft, die Mutter Schneiderin. Noch erlebte Adam Kupferschmidt zunächst mit seinen Eltern und mit seinen beiden jüngeren Schwestern eine unbeschwerte Kindheit in seiner donauschwäbischen, katholischen Heimatgemeinde.

 

Letztes Familienfoto im Hof des Geburtshauses; Adam 7 Jahre, Theresia 3 Jahre, Maria 1 Jahr alt – im Sommer 1944. Foto Kupferschmidt

Mit der Besetzung Filipowas durch russische Truppen und Titos Partisanen im Herbst 1944 kam das schreckliche Ende. Am 25. November 1944 wurde der Vater Josef Kupferschmidt zusammen mit 211 Männern zwischen16 und 60 Jahren aus Filipowa grausam ermordet. Nach einem Winter des Schreckens wurde die Mutter mit ihren Kindern am Karsamstag aus ihrem Haus vertrieben und am Ostermontag, dem 2. März 1945, in einem Viehwaggon verfrachtet, ins Vernichtungslager eingeliefert. Nach zweijähriger Gefangenschaft in Gakowa gelang der Mutter mit ihren Kindern die Flucht aus dem Lager. Über Ungarn kamen sie im Mai 1947 nach Österreich, wo sie zunächst Aufnahme in Ernsthofen (Niederösterreich) und später in Wien-Inzersdorf eine neue Heimat fanden. Nach der Ausbildung zum Schlosser bildete Adam sich über den zweiten Bildungsweg weiter und schloss seine berufliche Ausbildung im Jahr 1970, als Externer an der Fachhochschule Friedberg/Hessen mit den normal Studierenden als Diplom-Ingenieur (FH), Fachgebiet Maschinenbau ab.

 

Im Hof des Geburtshauses – Erster Besuch nach der Vertreibung mit der Mutter, Schwester und Cousine im Jahr 1982.  Foto: Kupferschmidt

1966 schloss er den Bund fürs Leben mit Agnes Schmidt, die ebenfalls aus seinem Heimatort Filipowa stammte und zog um nach Deutschland. Im Jahr 1973 bezog er mit seiner Familie in das eigene Haus in Backnang, der Stadt, die nun wirklich zur neuen Heimat werden sollte – nicht zuletzt für die drei Töchter des Ehepaares. Von 1971 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand war er als Ingenieur beim städtischen Hochbauamt der Landeshauptstadt Stuttgart als Sachgebietsleiter für technische Einrichtungen und medizinische Geräte in verschiedenen städtischen Krankenhäusern tätig.
Wie bei Donauschwaben die Regel, betätigte er sich in vielfältiger Weise ehrenamtlich: so in der Katholischen Jugend in Wien-Inzerdorf und der Blasmusik der Kirchengemeinde, als Mitglied der ÖVP und CDU wie auch des Volksbundes für Kriegsgräberfürsorge. Nicht zuletzt arbeitete er u.a. im Kirchengemeinderat St. Johannes aktiv mit und engagierte sich als Kommunionhelfer.
Bei alldem hat Adam Kupferschmidt seine Herkunft als Donauschwabe und seinen Heimatort Filipowa nicht vergessen. Von 2003 bis 2015 war er aktives Mitglied und seit 2007 Vorsitzender der überregionalen Arbeitsgemeinschaft der Filipowaer. Ziel und Zweck dieser Arbeitsgemeinschaft war es, das kulturelle Erbe der heimatlichen Gemeinde zu pflegen und die Erinnerungen an Flucht und Vertreibung zu dokumentieren und lebendig zu erhalten. Der Fortsetzung dieser Arbeit diente u.a. auch der Freundeskreis der Filipowaer in Deutschland e.V., deren Vorsitzender er seit 2013 ist.
Der Initiative der Arbeitsgemeinschaft verdanken die Filipowaer z.B. die Errichtung der Gedenkstätte auf dem Friedhof der alten Heimat zur Erinnerung an die bis 1945 in der Gemeinde lebenden deutschen Bewohner. Dieses Bemühen fand seine Fortsetzung in der Errichtung einer Gedenkstätte mit einem Gedenkkreuz auf dem Gelände, auf dem am 25. November 1944, 212 Männer zwischen 16 und 60 Jahren aus Filipowa grausam ermordet wurden und auf dem sich die drei Massengräber befinden, in die sie verscharrt worden waren. Die gestalterische Planung und verantwortliche Überwachung der Ausführung beider Gedenkstätten oblag Adam Kupferschmidt. Die Verantwortung zur Durchführung der Pflege dieser Gedenkstätten haben Adam Kupferschmidt und seine Frau Agnes stets im Blick.

Zur besonderen Herausforderung wurde für Adam Kupferschmidt die Planung und Gestaltung des Erinnerungsortes und der Gedenkstätte Bad Niedernau. Dort hatten die donauschwäbischen Armen Schulschwestern Unserer Lieben Frau eine neue Heimat gefunden, sich ein kleines Kloster und eine Gelöbnis- und Gedächtniskapelle gebaut. Seit ihrer Einweihung durch Bischof Dr. Georg Moser im Jahr 1979 lädt sie jedes Jahr an Christi Himmelfahrt zur Gelöbniswallfahrt ein: zum Gedenken an die Kriegs- und Lageropfer der Donauschwaben und zum Gebet für sie. Zugleich ist sie Ausdruck des Dankes der Überlebenden der Vernichtungswelle, die am Ende des Zweiten Weltkriegs über die Donauschwaben hereinbrach. Um Interessierte öffentlich anzusprechen und Vorbeikommende über den Gedenkort zu informieren, wurden 15 Stelen im Umfeld der Gelöbniskapelle errichtet und am 12. September 2021 eingeweiht. Dazu hat Adam Kupferschmidt entscheidend beigetragen: Er war der unermüdliche Projektleiter dieses Stelenparks Bad Niedernau.

Aus der umfassenden Literatur der Donauschwaben und speziell der Filipowaer, als Beispiel für alle vertriebenen Deutschen aus dieser Region, hat er Auszüge von Texten, Bild-und Tonmaterial für die Präsentation im Internet zusammen gestellt. um die Öffentlichkeit auf diese fast vergessene Volksgruppe der Donauschwaben hinzuweisen.

Agnes Kupferschmidt
Erzieherin

Brückenbauerin

Organisatorin
*11.Mai 1943

Eine äußerst wertvolle und stets anregende Begleitung und Hilfe in seinem Einsatz war für Adam Kupferschmidt seine Ehefrau Agnes.
Sie hatte die Schlüsselfunktion bei den Verhandlungen mit den serbischen Behörden.
Durch ihre Sprachkenntnisse und Kennerin der Mentalität der in den ehemals deutschen Gemeinden angesiedelten Serben, hatten wir, dank Agnes, stets offene Türen bei den Verhandlungen mit den Behörden um das Grundstück, die Gestaltung und Beschriftung der Denkmäler.

Zu ihrer Biografie:
Sie stammt wie ihr Mann aus Filipowa. Ihr Vater, zwei Brüder der Mutter und zwei Brüder der Großmutter erlitten das gleiche Schicksal wie Adams Vater. Sie wurden am 25. November 1944 ermordet. Ihr Großvater, der ein aktives Mitglied der kirchentreuen antinationalsozialistischen Opposition war, erreichte, dass seine Familie und damit das Kind Agnes aus der Inhaftierung in Gakowa nach Filipowa zurückkehren durfte.

So lebte Agnes zusammen mit ca. 15 deutschen Familien und 5 Armen Schulschwestern und Pfarrer Müller bis zur Auswanderung 1956 in ihrem Heimatort. Sie versteht die serbische Sprache und hält Kontakte zu ehemaligen Schulkameraden und Verantwortlichen im ehemaligen Filipowa, das heute Backi Gacac heißt. Sie ist nicht nur Kontaktperson und Dolmetscherin, sondern auch engagierte Brückenbauerin. In den schweren Jahren in der alten Heimat wuchs ihre starke Verbindung zu den Schulschwestern, die sie bis zu deren Tod mit engagiertem Einsatz betreute. Aus ihrer Verbundenheit mit ihnen und der alten Heimat nährt sich ihr tatkräftiger Einsatz für Bad Niedernau und Filipowa.

Agnes lebte mit Ihrer Familie, ihren Großeltern, der Mutter und dem Bruder bis zu ihrem 12. Lebensjahr in Filipowa, das nun Backi Gracac heißt. Im Jahr 1956 bekam die Familie die Ausreisegenehmigung nach Deutschland. Zunächst fand die Familie eine Wohnmöglichkeit bei Verwandten in Winnenden. Später 1957, nach dem Nachzug der Großeltern übersiedelte die Familie nach Schwaikheim. Agnes machte eine Ausbildung als Erzieherin, im Internat, des -Klosters der Vincentinerinnen in Schwäbisch Gmünd. Sie war in mehreren Einrichtungen der Gemeinden Bittenfeld/Waiblingen und der Stadt Backnang, bis zu ihrem 60 Lebensjahr berufstätig. Seither ist sie neben ihren Aufgaben als Großmutter an der Kontaktpflege zu den ehemaligen Filipowaern und mit den neuen Bewohnern des ehemaligen Filipowa in regem Austausch von Informationen.

 

Foto: Eva Schmidt
Die Familie Franz und Eva Schmidt 1944, mit den Kindern Agnes und Stefan, sowie die Eltern und Brüder der Mutter, Gregor und Viktoria Eichinger, Philipp und Josef Eichinger.

Foto: Eva Schmidt

Erstkommunion im Jahr 1950 – Agnes mit weiteren deutschen Kindern der zurückgeblieben Deutschen Familien und Schwester Lea, die spätere Oberin von Bad Niedernau. etwa 2% der ehemaligen deutschen Einwohner sind nach Auflösung der Zwangsinternierung und Verfolgung der Deutschen nach Filipowa zurück gekommen. Sie siedelten alle in den 50 er Jahren nach Deutschland um. Zur Erstkommunionfeier durfte man nicht öffentlich auftreten, nur in der Kirche und im geschlossenen Hof und Garten des Pfarrhauses duldete die kommunistische Ortsverwaltung religiöse Handlungen und Bezeugungen.

 

Foto: Eva Schmidt
Agnes mit der Mutter vor ihrem Geburtshaus in Filipowa, Klostergasse, im Jahr 1954.- Nach der Ermordung des Vaters lebte Agnes mit der Mutter und Bruder im Haus der Großeltern.

 

Foto: Kupferschmdt
Betreuung der Ordensschwestern im betagten Alter. In den Jahren 2013 bis zum Umzug der beiden letzten Schwester, Mechtildis Eichinger und Borgia Meixner im Jahr 2018 ins Pflegeheim, übernahm Agnes die Aufgabe mit Frau Dr. Hörnle als Betreuerin für die Schwestern.

Foto: Kupferschmidt
Die Gedenkstätte „Heuwiese“ im ersten Jahr nach der Errichtung – Sie wurde in den 10 Jahren seit der Errichtung im Jahr 2011, trotz Befürchtungen, keiner Beschädigung durch Vandalismus heimgesucht. Die Gedenkstätte wurde wie es der katholische Dekan Jakob Pfeifer aus Hodschag (Odzaci) im Jahr 2021 bei einer Gedenkandacht bezeichnete: „Dieser Ort ist ein Ort der Trauer, aber auch ein Ort der Versöhnung, der Überwindung der Vergangenheit und des Gebetes für den Frieden “, von der jetzt dort lebenden Bevölkerung angenommen. Der zuständige orthodoxe Pope sagte anläßlich der Einweihung der Gedenkstätte im Friedhof Backi-Gracac:.“Wir ehren unsere Toten, deshalb schätzen wir es auch von Euch, dass ihr gekommen seid um Eurer Toten ehrenhaft zu gedenken.“

Das markanteste und ehrenvollste Erleben im Dienste für die Gemeinschaft der Filipowaer war für Agnes das Erreichen der Genehmigung zur Errichtung der Gedenkstätte auf der Heuwiese und ihre große Hilfe bei der Durchsetzung des von ihrem Mann Adam geplanten Anlage mit dem Gedenkkreuz und Sockel auf dem die Namen der 212 Opfer dieses Massakers eingraviert werden durften. Nach Fertigstellung des Projektes wurde eine Einweihungsfeier als Großveranstaltung geplant und ausgerichtet. Gleichzeitig war es die offizielle Beerdigungsfeier für die am 25.11.1944 pietätlos verscharrten Ermordeten. An der Trauerfeier nahmen ca. 600 Angehörige und Nachkommen und offizielle Vertreter von Staat und Kirche aus Serbien, Deutschland, Österreich, Ungarn und Übersee teil.

Foto: Pagi
Gedenkstätteneinweihung am 17. Juni 2011 auf der sogenannten „Heuwiese“ einem Acker mit schlechter Bodenqualität, an der Strasse zwischen der donauschwäbischen Gemeinde Hodschag (Odzaci) ca. 4 km und dem der donauschwäbischen Gemeinde Filipowa (Backi Gracac) ca. 6 km.

Foto: Pagi
Enthüllung des beschrifteten Granitsockels mit den eingravierten Namen der 212 Opfer durch Agnes Kupferschmidt, Freundeskreis der Filipowaer aus Deutschland und dem Obmann des Vereins der Filipowaer in Österreich e.V., Stefan Eichinger.

Foto: Pagi
Den Toten die Ehre gaben auch acht Bischöfe, darunter der Erzbischof von Belgrad, Stanislav Hocevar, sowie Orlando Antonini, Erzbischof, Nuntius des Vatikans in Serbien und Irinej Bulovic, der Orthodoxe Bischof von Novi Sad. Von staatlicher Seite Serbiens war Sandor Egeresi, Präsident des Parlamentes der Vovodina, der prominenteste Politiker unter den Anwesenden. Er sagte deutlich: „Wir bitten um Vergebung.“

Foto: Pagi
Im Bürgersaal der Gemeinde Backi Gracac (Filipowa) mit 550 Teilnehmern. Die organisatorische Vorbereitung dieser Veranstaltung mit den serbischen Gastgebern war der Verdienst von Agnes und ihren guten Verbindungen zu den ehemaligen Schulkameraden und Kameradinnen.

 

Foto: Pagi
Als Gastgeschenk überreichte die Gemeinschaft der Filipowaer der Gemeinde Backi Gracac ein funktionsfertiges Feuerwehrauto mit Ausrüstung, welches Hans Lauber aus Pertenstein von der Feuerwehr Traunreuth/Bayern ausgemustert wurde. An der Übergabe nahmen einige Feuerwehrmänner teil.

Foto: Braunstein
Anläßlich des Heimattreffens 2009 in Chieming am See, wurde Agnes eine Ehrenurkunde für ihre Verdienste um die Gemeinschaft der Filipowaer, vom Ehrenvorsitzenden, Jakob Gauss, verliehen. Auf dem Foto neben ihr ist Landsmann Georg Piller, Unternehmer aus Kitchener/Kanada zu sehen. Er gab auf dieser Veranstaltung bekannt, dass er bei der bevorstehenden Spendensammlung zur Errichtung der Gedenkstätte Heuwiese eine 5 stellige Euro Summe spenden werde. Im Jahr 2012 hat die Witwe, Cäcilia Piller, das Versprechen wahr gemacht, sie übergab der Arbeitsgemeinschaft der Filipowaer beim Heimattreffen 2012 die versprochene Summe.
Die Gesamtkosten für die Gedenkstätte Heuwiese wurden durch Spenden der Angehörigen der Opfer und durch Landsleute und Wohltäter aufgebracht. Auch die laufenden Pflegekosten der Gedenkstätte wurden aus Mitteln von Spendern der Filipowaer Erlebnisgeneration finanziert.

 

Familie Adam und Agnes Kupferschmidt. Foto Kupferschmidt

Die Erinnerung an die Vergangenheit in Ehren behalten. Das ist unser Anliegen an unsere Nachkommen.“

Linkhinweise

Lesen Sie:

Zeitzeugenberichte zum Heuwiesenmassaker

Das Lager Gakowa – Zeitzeugenberichte

Die Vertreibung am 31. März 1945 – Zeitzeugen berichten

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