1763 kam der kaiserliche Ansiedlungskommissar Baron Anton Cothmann mit einer Anzahl deutscher Siedler nach Filipowa. Im selben Jahr begann man unter seiner Anleitung mit dem Bau eines Bethauses, das 1764 geweiht wurde. Vierzig Jahre später, 1804, begann man mit der Errichtung der Filipowaer Pfarrkirche. Sie wurde 1806 zu Ehren der hl. Apostel Philippus und Jakobus geweiht. Das Gebäude stand auf demselben Platz wie das Bethaus und hatte eine Grundfläche von 43,7x 16,15 Metern.
Damals war der 45 jährige in Kremnitz in Böhmen geborene Josef Tonhäuser Pfarrer in Filipowa, von dem die Filipowaer voller Dankbarkeit auf einer alten Steintafel vermerkten: Er „war 33 Jahre unser allgeliebter Vater und Seelsorger, lebte als nachahmenswertes Muster der Liebe und Demut“. Mehr wissen wir weder von ihm noch von der Errichtung der großen Kirche. Doch dürfte Tonhäuser ein Friedensstifter gewesen sein, da sich seiner Zeit die so unterschiedlichen, vor allem aus dem Alemannischen und Rheinfränkischen stammenden Ansiedler zu gemeinsamer Sprache, Tracht und Brauchtum einigten und so erst zu Filipowaern wurden.
Fünfzig Jahre später, 1854, wurde der Turm neu errichtet, ein gewaltiger Sturm hatte ihn ein Jahr vorher schwer beschädigt. 75 Jahre später, 1880, riss abermals ein Orkan den Turmhelm von der Kirche und beschädigte das Kirchdach. Der Filipowaer Baumeister, Johann Holzinger schuf den spitzen, klassischen Turmhelm und besorgte das Kupferdach, beides Merkmale, die allen Filipowaern, die einige Jahre im alten Heimatort lebten, so vertraut sind.
Zwei Jahre später, 1882, kam der in Somborgeborene Josef Martin als Pfarrer nach Filipowa, der spätere „Domherr“, die schaffensfreudigste und kunstsinnigste Priestergestalt unserer Dorfgeschichte. Er gab dem Ort das bauliche und malerische Aussehen, das die Filipowaer, die im Dorf gelebt haben, als bleibende Erinnerung mittragen. Schon 1885 ließ Pfarrer Martin das Presbyterium der Kirche von der damals bekanntesten Kirchenmalern Ungarn ausmalen. Jetzt wurde der Altarraumlebendig: Die seitlichen Wandgemälde wie „Die Hochzeit von Kana“, „das letzte Abendmahl“ und im Gewölbe „Mariä Himmelfahrt“ erhöhtendie spirituelle Qualität des gesamten Kirchenraumes.
Als Verantwortlicher für die Schule ließ Martin 1888 ein neues Schulhaus errichten. 1890 stiftete Mathias Urich und seine Frau die Friedhofskapelle. Das veranlasste den Pfarrer, jene jene monumentale Kreuzweganlage entstehen zu lassen, die mit einer ihr eigens innewohnenden Kraft aud den Kalvarienberg mit seiner lebensgroßen Kreuzigungsgruppe hinführte.
1902 wurde Josef Martin Dechant und Ehrendomherr, und im gleichen Jahr unterbreitete er im Gemeindeausschuss den Vorschlag, die Armen Schulschwestern Unseren Lieben Frau nach Filipowa zu bringen und hier ein Kloster mit Mädchenschule zu errichten. So gelang ihm die bis zuletzt gültige Sanierung der Schulraumfrage. Schon 1904 stand die Klosterschule, 1905 kamen die Schwester und im Herbst begann der Unterricht. In der Folge nahm auch die Zahl der weiblichen Ordensberufe sprunghaft an. Nicht zu vergessen, das im selben Jahr die Filipowaer Dampfmühle ihren Betrieb aufnahm.
1907 ließ Domherr Martin durch den akademischen Maler Franz Lohr und Karl Greiner die Mittelkuppel der Kirche mit der „Verklärung Christi“ (dem berümten Werk Raffaels nachempfunden) ausmalen und die Kuppl über dem Chor mit der „Geburt Christi“ ausmalen, und gleichzeitig die Orgel neu bauen. Nun erst war das Werk vollendet. Der hohe Raum mit seinen Bildern lenkte den Blick nach oben, vermittelte die Ahnung von einer anderen Wirklichkeit. Viele kamen mit ihren Sorgen hinein und gingen in Frieden hinaus. Hier verehrten sie Gott in unzähligen Tagesmessen und erlebten so in den Hochämtern die „Inszenierung“ des Evangeliums.
Mit dem Vollausbau der Kirche bekam Filipowa – unter gewaltigen finanziellen Opfern seiner Bewohner- im Jahrzehnt vor dem 1. Weltkrieg sein den gebürtigen Filipowaern vertrautes Gesicht. Der Kirchenbau verkörpert ihre Idendität und Geschichte. Genau 150 Jahre nach Weihe der Kirche im Jahr 1956 feierten die wenigen letzten noch im Ort lebenden Filipowaer – der letzte Pfarrer von Filipowa, Peter Müller, war schon 1951 verstorben – ein Hochamt zum 150 Jahrestag der Weihe. Nach dem Gedenkgottesdienst zum für die Toten des 25. November 1944 im selben Jahr, 1956, wurde die Kirche behördlich geschlossen. Genau 60 Jahre nachdem Domherr Martin der Kirche ihr endgültiges Aussehen gegeben hatte, nämlich 1967, ging der Abriss ein Zeichen des Glaubens und Lebenswillens endgültig zugrunde. Niemand der neuen Verantwortlichen tat energisch etwas gegen ihren allmählichen Verfall. Sie bejahten die Zerstörung wohl innerlich als symbolischen Akt, uns und unsere Geschichte aus der Erinnerung zu tilgen und – soweit sie Kommunisten waren – ihre atheistische Weltanschauung zum Ausdruck zu bringen.
Quelle: Josef Martin, Denkwürdigkeiten der Pfarrei und Kirche zu Szentfülöp/Philippowa, Hodschag 1908. / Jakob Leh, Filipovo, Bilder meiner Heimat, Novi Sad 1937, 53-64 / Paul Mesli, Franz Schreiber, Georg Wildmann-Bild einer donauschw. Gemeinde, Bd. 3, S. 49 -54.
Dr. Jakob Eichinger, einstiger Heimatpriester, schreibt zum Abbruch der Kirche im Jahr 1967
„Schließlich beschäftigt uns alle die Frage, warum unsere Kirche abgebrochen werden mußte. Die Antwort ist einfach, weil sie eben baufällig und im höchsten Maße reparaturbedürftig war. Größere Bauschäden, besonders am Kirchendach und am Turmhelm, machten eine gründliche Reparatur dringend notwendig und unaufschiebbar. Die Kirche stand nicht in einer abgelegenen Umfriedung, sondern dicht an der Verkehrsstrasse, wo die vorbeiziehenden Fußgänger stets lebensgefährlich bedroht waren.
Es ist allgemein bekannt, dass jede Kirche immer wieder einer gründlichen Überholung bedarf. Zudem ist im Filipowaer Heimatbuch von Jakob Leh 1937 (Seite 53-56) zu lesen, dass das Kirchen-und Turmdach unseren Vätern schon großes Kopfzerbrechen bereitete. Mehrmals mußte nach Sturmschäden umgedeckt werden. Nach menschlicher Berechnung wären die nächsten Reparaturarbeiten am Turm und Dach in den 40 er Jahren fällig gewesen, es herrscht aber der Krieg.
Der Wahrheit zuliebe sei noch mitgeteilt, daß nicht die Neubewohner von Filipowa den gegenwärtigen Abbruch der Kirche mutwillig oder eigenmächtig vornehmen, sondern dass er mit Wissen und im Einvernehmen mit dem zuständigen Bischof von Subotica geschieht.
Vielleicht ist gerade die Nachricht vom Abbruch unserer Heimatkirche ein Ruf Gottes an uns Filipowaer, sich auf die Bedeutung der Kirche in unserem Gemeindeleben besinnen. Hat die Kircche in Filipowa auf dem Gebiet der Erhaltung unseres Volksgutes und der Pflege unseres Volkstums nicht Großes geleistet? Hat sie nicht beigetragen zu einem gesunden und geordneten Gemeinschaftsleben? Aus Dankbarkeit dafür sollten wir ihr die Treue bewahren und den starken Glauben unserer Väter, der uns von der Kanzel der Heimatkirche allsonntaglich verkündet wurde, überallhin mitnehmen und in der neuen Heimat leben. Möge der reiche Segen und die vielen Gnaden, die wir noch in der Kirche unserer Väter empfangen haben, uns begleiten auf all unseren Wegen und alle Landsleute führen auf den Pfaden in die ewige Heimat.“
Quelle: Filipowaer Heimatbrief Nr. 9, 1967, S. 2-3