Die Vorgeschichte seit 1918
Nach dem Ersten Weltkrieg, ab 1918, gehörte der Ort Filipowa auf Basis des Vertrages von Trianon zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen. Hierzu Dr. Wildmann, der Autor mehrerer Werke zur Geschichte der Donauschwaben: „Politisch und kulturell waren die jetzt staatstragenden Bevölkerungsgruppen nationalistisch orientiert. Sie förderten ihre nichtslawischen Minderheiten nicht. Daher versuchten die Aufbruchsbewegungen der Donauschwaben nach der Devise: Heimat, Muttersprache, Väterglaube, ihre Identität zu bewahren. Jugoslawien wurde nach dem Angriff des Deutschen Reichs und seiner Verbündeten im April 1941 aufgeteilt, die Batschka und somit auch Filipowa fiel an Ungarn. …. Es entstand ein sehr grausamer Partisanenkrieg hauptsächlich im bosnischen Raum. Die Partisanen griffen auch donauschwäbische Siedlungen an, während die deutsche Militärführung auch Verbände der Donauschwaben im Kampf gegen die Partisanen einsetzte. Die Partisanen betrachteten in der Folge die Donauschwaben als Feinde der jugoslawischen Völker“.
Seit 1935 hatte sich auch die Ortsbevölkerung Filipowas ideologisch gespalten. Während ein Teil der Bewohnerschaft nach wie vor kirchentreu katholisch orientiert war, wuchs die Gruppierung der „Erneuerer“, die von Deutschland-orientiertem völkischem Denken beeinflusst waren. Es entstanden Reibereien und Konflikte, die auch 1938 beim großen Filipowaer Fest zum 175-jährigen Bestehen der Gemeinde zu Meinungsverschiedenheiten führten. Schließlich bekamen die Kulturbündler größeres Gewicht in der Ortspolitik. Der Blitzkrieg 1939 und die Besetzung Jugoslawiens 1941 begeisterte die deutsch-national Denkenden.
Doch das Blatt wendete sich im Verlauf des Krieges. Die Wehrmacht zog sich zurück und die Sowjetarmee rückte näher.
Im Oktober 1944 begannen erste Familien, über 500 Ortsbewohner, vor den Sowjettruppen zu flüchten.
Als im Oktober 1944 die Tito-Kommunisten in Jugoslawien nach dem Einmarsch der Roten Armee die Macht übernahmen und gnadenlos „Säuberungen“ durchführten, begann für die deutschstämmige Bevölkerung des Balkanstaates eine entsetzliche Leidenszeit. Sofern sie nicht zuvor flüchten konnten oder wollten, wurden die Deutschen Jugoslawiens radikal enteignet und entrechtet, große Teile der Führungsschicht gefoltert und liquitiert, ausgerechnet vor allem jene Männer, die aus ihrer christlichen Gesinnung bis zuletzt dem Druck widerstanden hatten, sich von der Waffen SS mobilisieren zu lassen. Die Arbeitsfähigen wurden zur Zwangsarbeit nach Russland deportiert, während alte Leute sowie Kinder mit ihren Müttern in Internierungslager für Arbeitsunfähige zusammengefasst und bis 1948 systematisch durch Hunger und Krankheit dezimiert wurden.
Die Beschlüsse des Antifaschistischen Rats (AVNOJ)
Mit Erlass vom 21. November 1944 erklärte der Antifaschistische Rat der nationalen Befreiung Jugoslawiens (AVNOJ) alle Deutschen in Jugoslawien zu „Volksfeinden“. Sie verloren dadurch ihre bürgerlichen Rechte sowie ihr Vermögen und waren jeglicher Willkür ausgesetzt. Anschließend vollzog sich die Vertreibung der meisten Donauschwaben aus Jugoslawien nach einem ganz ähnlichen Muster wie in Filipowa in drei Etappen:
-Erschießungsaktion -Deportation zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion
-Vertreibung der Restbevölkerung
Als im Oktober1944 die Tito-Kommunisten in Jugoslawien nach dem Einmarsch der Roten Armee die Macht übernahmen und gnadenlos „Säuberungen“ durchführten, begann für die deutschstämmige Bevölkerung des Balkanstaates eine entsetzliche Leidenszeit. Sofern sie nicht zuvor flüchten konnten oder wollten, wurden die Deutschen Jugoslawiens radikal enteignet und entrechtet, große Teile der Führungsschicht gefoltert und liquitiert, ausgerechnet vor allem jene Männer, die aus ihrer christlichen Gesinnung bis zuletzt dem Druck widerstanden hatten, sich von der Waffen SS mobilisieren zu lassen. Die Arbeitsfähigen wurden zur Zwangsarbeit nach Russland deportiert, während alte Leute sowie Kinder mit ihren Müttern in Internierungslager für Arbeitsunfähige zusammengefasst und bis 1948 systematisch durch Hunger und Krankheit dezimiert wurden.
Erste Aktion:Das Massaker auf der Heuwiese – ein Bericht von Paul Pfuhl
Bei dem Massaker an 212 Filipowaer Männern am 25. November 1944 auf der Hodschager Heuwiese in der Nähe des Rothsalasch bei Filipowa sind allein 35 Jugendliche im Alter von 16 bis 19 Jahren, unter ihnen drei Priesterstudenten, und 52 Männer im Alter von 50-60 Jahren ums Leben gekommen. Die restlichen 125 standen im Alter zwischen 20 und 50 Jahren. Unter ihnen befanden eine Reihe von Familienvätern mit zehn und mehr Kindern.
Im Filipowaer Heimatbrief Nr. 64 (2004) dazu Paul Pfuhl, ein Zeitzeuge:
„Am Abend des 24.November 1944 war eine Abteilung Partisanen, die der „Krajiska-brigada“ (nach anderen Quellen der „Prva sremska leteca brigada“) angehörten, im Dorf angekommen. Am 25. November, einem bedeckten, nasskalten Herbsttag, ging der Kleinrichter durch das Dorf, trommelte aus und verkündete unter Todesandrohung: alle Männer und Burschen von 16 bis 60 Jahren hätten sich unverzüglich vor dem Gemeindehaus einzufinden. Es versammelten sich gegen 9 Uhr mehr als 300 Personen vor dem Gemeindehaus.
Die Männer standen in kleinen Gruppen vor dem Gemeindehaus und mutmaßten, was man wohl von ihnen wolle. Gegen 10 Uhr wurden alle in den umzäunten Kirchhof beordert, wo sie sich in Viererreihen aufstellen mussten. Zwei Partisanen-Offiziere führten das Kommando, der eine hieß Slavko und war ein Serbe, der andere ein Ungar. An einem Tisch, mit drei serbischen Schreibern, wurden sie erfasst und willkürlich in eine größere und eine kleinere Gruppe aufgeteilt. Der für Filipowa zuständige Polizeikommandant Djoko Lasic, stellte die drei Priester, Kaplan Paul Pfuhl, Pfarrer Anton Zol1itsch und Pater Friedrich Gillich, die Ärzte Dr. Franz Dickmann und Dr. Johann Engert sowie den Apotheker Ludwig Vogl an das Ende der Reihe. Eine Vorgangsweise, die niemand zu deuten wusste.
Auf Bitten von Messner Martin Meixner, durften die Mittagsglocken geläutet werden. Als diese ertönten, entblößten die Männer ihre Häupter, schlugen das Kreuz und beteten. Der ehemalige Friseurgehilfe und spätere Partisanenoffizier Slavko entschied, dass Pfarrer Anton Zollitsch, dem er früher als Friseur zu Diensten war, nach Hause gehen könne. Zollitsch ermöglichte auch die Freilassung von Kaplan Pfuhl und Pater Gillich. Die beiden Ärzte und der Apotheker sowie Professor Becker aber wurden in die große Gruppe eingereiht.
Die Partisanen brachten eine Tragbahre, Spaten, und montierten ein Maschinengewehr auf. Alle ahnten, dass Schlimmes bevorstand. Die Schreiber am Tisch standen auf und erklärten: „Es sind genug!“ und schoben die restlichen Jugendlichen und Männer zur kleineren Gruppe.
Es begann ein grausames Spiel. Die Partisanen, fassten beliebig Nichtregistrierte, führten sie zu dem Tisch, ließen sie erfassen und stießen sie zur größeren Gruppe. Der Polizeikommandant Djoko aber holte sich aus der größeren Gruppe ihm bekannte Leute und brachte sie zur kleineren. So wechselte mancher mehrmals die Gruppe. Sie wurden, wie es sich zeigen sollte, zwischen Tod und Leben hin- und hergeschoben.
Die Todesliste wurde vom „Schuster-Joschi“ (Ortsvorsteher [Josef Held) abgezeichnet.
Die größere Gruppe musste sich in Viererreihen aufstellen. Es waren, wie man später feststellte, 212 Jugendliche und Männer. Partisanen stellten sich zwischen sie. Ein Anführer zu Pferde ergriff das Kommando und der traurige Zug wurde durch die Kirchengasse in Richtung Hodschag aus dem Dorf getrieben. Die entsetzten Frauen und Kinder konnten aus verhängten Fenstern und spaltenweit geöffneten Türen nur Bilder des Schreckens aufnehmen. Vom Kirchturm schlug es drei Uhr. Zeigte sich ein Ortsbewohner, schossen die Partisanen sofort mit ihren Maschinenpistolen. Bei dieser Aktion schoss sich der Kommandant selbst an, stürzte vom Pferd und erlag nach einem Tag seinen Verletzungen. Die zurückgebliebenen knapp einhundert Männer wurden über Nacht in die Kirche eingesperrt.
Über die Dinge, die sich auf dem Roth-Sallasch abspielten, konnte im Laufe der Zeit aus unterschiedlichsten Aussagen ein ungefähres Bild entwickelt werden. Zuerst wurden die Männer, mit dem Versprechen der Freilassung, aufgefordert, zu verraten, wer Mitglied des Schwäbisch-Deutschen Kulturbundes gewesen sei. Keiner verriet jedoch den anderen. Ein Bunjewatz versuchte den Apotheker Ludwig Vogl, weil er von dessen Unschuld überzeugt war, zu retten. Es kam zu einer Auseinandersetzung, bei der sich viele der Wojwodiner dem Bunjewatzen anschlossen und sich weigerten, bei dem Verbrechen mitzumachen. Die Verweigerer wurden hierauf abgezogen.
Auf der .Heuwiese“, vor den Flugabwehrgeschützgruben, mussten sich die Männer nackt ausziehen, dann wurden sie erschlagen oder erschossen.
Ein unbewaffneter Helfer aus Piwnitz erzählte 1946 Schwester Lea: „Das kann ich in meinem Leben nie vergessen. Die meisten der Männer haben gebetet und das Kreuz gemacht, bevor sie erschossen oder erschlagen wurden. Und wenn ein Vater und Sohn dabei waren, dann hat der Vater dem Sohn ein Kreuz auf die Stirn gemacht, ehe sie erschossen wurden. Bunjewatzen berichteten Pater Friedrich Gillich, das Schreien und Beten habe erst aufgehört, als der Letzte tot war. Ein ehemaliger Knecht, beim Filipowaer Bauern Gregor Eichinger, wusste, als erster sei Magister Vogl erschlagen worden. Ihm folgte auf besonders grausame Weise der Gemeindearzt Dr. Franz Dickmann. Offenbar von einem Bewohner eines Nachbarortes, dem er seinerzeit, obwohl dieser gesund war, zur Umgehung des Militärdienstes eine Krankschreibung verweigerte. Der aufrechte Arzt, ein Orgelvirtuose, wurde Opfer seines ärztlichen Ethos. Der Pfarrer Paul Wagner aus Palanka konnte aus einem beteiligten Stanischitscher-Serben nur die Worte herausbringen:
„Strasno je bilo“ – „Es war schrecklich.“
-> weitere Zeitzeugenberichte zum Heuwiesenmassaker
Zweite Aktion: Die ersten werden zur Zwangsarbeit verschleppt
An Weihnachten 1944 wurden 239 Frauen und Männer zur Zwangsarbeit verschleppt. Von ihnen starben 53 während der drei Jahre ihrer Ausbeutung.
-> Lesen hierzu den Bericht zur Deportation in die Sowjeunion
Dritte Aktion: Raus aus den Häusern!
Am 31. März 1945 (Karsamstag) umzingelten schließlich etwa 200 Partisanen das Dorf und trieben innerhalb zweier Stunden alle verbliebenen deutschen Ortsbewohner und die bereits nach Filipowa vertriebenen Donauschwaben aus zwei Nachbarorten auf die Hutweide. Hier wurden etwa 500 Arbeitsfähige herausgesucht und in das „Arbeitslager Filipowa“ eingewiesen, das jetzt aus einigen größeren Häusern bestand. Sie mussten in der Folge die Häuser des Ortes ausräumen (Nahrungsmittel, Möbel, Hausrat, Kleidung, Wäsche) und das Vieh versorgen. Die übrigen rund 7000 Personen, zumeist Alte, Arbeitsunfähige und Kranke sowie Mütter mit Kindern unter zwei Jahren mussten zwei Tage und zwei Nächte auf der Straße und in den Höfen der Häuser verbringen, ehe sie am Ostermontag an die Bahnstation getrieben und mit Güterwaggons in das kurz zuvor errichtete Internierungslager Gakowa verbracht wurden.
Quellen: Filipowaer Heimatbrief Nr.2 (1963) und Nr. 64 (2004) sowie
Franz Schreiber, Georg Wildmann 1985 Band 5 Bild einer Donauschwäbischen Gemeinde, Seite 43-53.